
Wir stellen den Ebook-Reader Foliate für Linux Betriebssysteme mit Gnome-Desktop vor. Der Reader kann bereits auf dem Computer vorhandene Bücher im epub-Format öffnen und bietet Zugang zu verschiedenen Online-Portalen, um von dort direkt aus dem Reader heraus Ebooks herunterzuladen.
Installation
Am einfachsten installieren Sie Foliate über die Software-Verwaltung des Betriebssystems. Für unser Beispiel haben wir Fedora 42 Workstation mit Gnome-Desktop verwendet.

Hier stehen drei Installationsquellen zur Verfügung:
• das Fedora-Flatpak (Voreinstellung)
• das rpm-Paket aus den Fedora Paketquellen
• das Flathub Flatpak-Paket
Bücher lesen
Nach dem ersten Programmstart können Sie direkt über die Schaltfläche in der Mitte ein erstes Ebook öffnen. Das Buch wird dann automatisch in der Foliate Bibliothek gesichert. So behält man komfortabel den Überblick über die gelesenen Bücher und den Lesefortschritt.

Über die drei Punkte in der oberen Fensterleiste können Sie zu einer Listenansicht wechseln, die dann kein Cover zeigt aber dafür den Lesefortschritt als Balken.
Das Aussehen anpassen
Standardmäßig verwendet Foliate das Farbschema, das vom Betriebssystem vorgegeben wird, bei uns daher im Dark-Mode.
Haben Sie ein Buch geöffnet, erreichen Sie über das drei-Punkte-Menü oben rechts verschiedene Einstellungen. Die Menüleiste wird übrigens erst sichtbar, wenn man die Maus an den oberen Fensterrand bewegt.

Der Menüpunkt „Schriftart & Layout“ bietet zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten:


So kann man z.B. auf eine serifenlose Schrift wechseln, die Schriftgröße reichlich erhöhen und die Ansicht auf eine Spalte begrenzen.
Wenn Sie Bücher lesen, die Quellcode-Beispiele enthalten, kann es hilfreich sein, zusätzlich die Minimale Schriftgröße deutlich zu erhöhen. Standardmäßig steht dieser Wert auf 0
. Die „Default Font Size“ beeinflusst nur den regulären Text. Zusätzlich lässt sich auch noch eine andere Monospace-Schriftart festlegen.
Damit die Umstellungen wirksam werden, muss die Option „Herausgeberschriftart überschreiben“ aktiviert sein.
Layout
Eine größere Zeilenhöhe erleichtert oftmals das Lesen. Im Menü „Layout“ finden sich zudem weitere nützliche Einstellungen. Vogegeben ist bereits eine Zeilenhöhe von 1,5. Deaktivieren Sie die Silbentrennung (Hyphenation), so erhöht sich der Abstand zwischen den Wörtern deutlich.

Farbe
Im Menüpunkt Farbe werden acht zusätzliche Farbschemata bereitgestellt. Hinter dem Menüpunkt Verhalten verbirgt sich ein Schalter, mit dem Animationen reduziert werden können.

Der Screenshot unten zeigt die Buchansicht mit Farbschema „Nord“, der Schrift „Sans“ und Schriftgröße 20.

Im dunklen Modus können Sie zusätzlich die Farben umkehren. Das kann bei manchen Büchern für Code-Beispielen und Grafiken helfen.



Alternativ zu Änderung der Standard-Schriftgröße über den Menüpunkt „Schriftart & Layout“ gibt es aber auch noch die Zoom-Funktion, die viele Gnome-Programme standardmäßig vorhalten. Sie erreichen Sie bei geöffnetem Buch über das Menü oder verwenden die Tastenkombination:
Strg + Plus-Taste bzw. Strg + Bindestrich
Damit kann man schnell beachtliche Vergrößerung des gesamten Textes erzielen.
Im Buch navigieren
Mit der Tastenkombination
Umschalt + M
oder über das Menü schalten Sie in den „Scrolled Mode“, mit dem man wie in einer Webseite kontinuierlich nach unten scrollt, statt seitenweise im Buch zu blättern.
Kontext-Menü
Im Buch können Sie Textbereiche – allerdings nur mit der Maus – markieren, dann stehen viele nützliche Funktionen. Markierungen und exportierbare Anmerkungen ermöglichen das Arbeiten mit Texten und Lehrbüchern. Der eingebaute Übersetzer hilft bei fremdsprachigen Texten.


Das Pop-Up Fenster mit der Übersetzung lässt sich nicht in der Größe verändern. Sehr erfreulich ist aber die große Schrift der Übersetzung.
Sie können Anmerkungen hinzufügen und unterschiedlich markieren, Textstellen kopieren, nachschlagen im Wörterbuch.
Vorlesen lassen
Das oben beschriebene Kontext-Menü bietet auch die Funktion „Ab hier vorlesen“, was aber bei der Version Fedora-Flatpak leider nicht funktioniert hat.

Exkurs:
Der Speech Dispatcher (speechd) ist ein Dienst (Daemon) unter Linux, der als Zwischenschicht zwischen Anwendungen und Sprachsynthesizer dient.
Er ermöglicht es Anwendungen, eine Text-zu-Sprache-Ausgabe über eine einheitliche Schnittstelle zu steuern, unabhängig davon, welcher konkrete Sprachsynthesizer verwendet wird.
Anwendungen im Format Flatpak laufen in einer Sandbox, was bedeutet, dass sie weniger direkten Zugriff auf das System haben und somit sicherer sind. Hier ist damit der Zugriff auf den Speech-Dispatcher blockiert.
Installiert man Foliate statt in der Flatpak-Version als rpm-Paket, lässt sich die Vorlesefunktion starten, aber nicht wieder anhalten. Eine Stimmen-Auswahl gibt es nicht, es wird mit der Sprache vorgelesen, die das Ebook in seinen Metadaten vorgibt. Das kann dazu führen, dass ein deutscher Text mit englischer Stimme vorgelesen wird, wie in unserem Beispiel-Buch „Pro-Git“.
Screenreader
Auch der ansonsten auf dem System gut funktionierende Screenreader Orca hat auf den Buchtext selbst keinen Zugriff. Vorgelesen werden aber Menüs und Schaltflächen sowie das Inhaltsverzeichnis eines Buches.
Bücher aus Online-Portalen
Neben Büchern vom eigenen PC können Sie auch Ebooks aus Online-Portalen direkt aus dem Reader herunterladen.




Die Adressen verschiedener Kataloge sind bereits hinterlegt, darunter Projekt Gutenberg mit überwiegend englisch-sprachigen Büchern. Sie können aber auch eigene Kataloge über deren URL hinzufügen. Die Kataloge müssen dem OPDL-Format entsprechen.
Exkurs OPDS:
OPDS steht für Open Publication Distribution System (Offenes Dokumentenverteilungssystem). Mit diesem Katalogformat lässt sich der Inhalt von Ebook-Verzeichnissen übersichtlich darstellen.
Verschiedene Verlage und einige Webseiten setzen diese Format ein, um einen einfachen Zugriff auf deren Ebooks zu erlauben. Apps oder Ebook-Reader mit einer entsprechenden Implementierung können diese Listen dann verwenden.
Weitere Optionen
Zusätzlich Funktionen finden Sie im Hamburger-Menü oben links. Sie können eine Kopie des Buches in einem separaten Fenster öffnen, die alle bereits erstellten Anmerkungen enthält und so an mehreren Stellen im Buch arbeiten. Anmerkungen können importiert und exportiert werden.


In der Seitenleiste finden Sie eine übersichtliche Darstellung aller Anmerkungen oder der Lesezeichen.
Einzelne Seiten oder der gesamte Text können mithilfe der Druckfunktion im rechten Menü als PDF-Datei gespeichert oder ausgedruckt werden.
Fazit
Foliate ist ein gut durchdachter, gut zu bedienender und sehr vielseitig anpassbarer Ebook- Reader. Die Programmoberfläche ist für den Bildschirmleser Orca nur teilweise zugänglich. Der Inhalt der Kataloge ebenso wie der Buchtext selbst leider nicht. Dafür steht eingentlich eine integrierte Vorlesefunktion zur Verfügung, die aber derzeit für die Flatpak-Version nicht funktioniert.
Die Themen- und Farbauswahl für den Lesebereich lassen kaum Wünsche offen. Durch die Möglichkeit, eine Mindest-Schriftgröße festlegen zu können, lassen sich auch sonst schlecht lesbare Code-Bereiche in Lehrbüchern vergrößern. Das können die meisten anderen Ebook-Reader nicht.
Foliate ist eine Empfehlung für alle, die Ebooks am Computer lesen möchten oder müssen.